„Der Konjunktureinbruch ist im bayerischen Baugewerbe angekommen. Unsere vor Jahresfrist geäußerten Warnungen haben sich leider bewahrheitet. Die Bundespolitik hat zu wenig getan, um gegenzusteuern. Geplante Investitionskürzungen der Bundesregierung in die Verkehrsinfrastruktur des Bundes sind da Gift.“
Die Ergebnisse der traditionellen Frühjahrskonjunkturumfrage des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen unter seinen Mitgliedsbetrieben, an der sich knapp 400 mittelständische Unternehmen des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes beteiligten, lassen auf eine weitere Verschlechterung der Baukon-junktur schließen.
Mehr als die Hälfte aller Unternehmen (54 Prozent) bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht und nur 13 Prozent mit „Gut“. Fast jedes zweite Unternehmen (44 Prozent) rechnet für das kommende Halbjahr mit einer weiteren Ver-schlechterung seiner Geschäftslage. Das sind 10 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.
Nachfragerückgang in allen Bausektoren
Hauptgrund hierfür sind die Auftragsbestände, die von 60 Prozent der Unternehmen als zu gering bezeichnet werden. Bei rund der Hälfte der im Wohnungsbau, Gewerbebau, Straßenbau und Öffentlichen Hochbau tätigen Unternehmen reicht der aktuelle Auftragsbestand weniger als 6 Wochen. Nur im Tiefbau und Ausbau sind die Auftragsreichweiten etwas höher. Das hat Folgen für die Beschäftigung: jedes vierte Unternehmen plant in 2024 die Zahl seine Beschäftigten zu reduzieren. Dem gegenüber will nur noch jedes zehnte Unternehmen die Zahl seiner Mitarbeiter erhöhen.
Sinkende Umsätze für 2024 erwartet
Wurden im Frühjahr 2023 im Wohnungsbau, im Wirtschaftsbau und im Ausbau noch deutliche nominale Umsatz-steigerungen erwartet, sind die Bauunternehmen in diesem Frühjahr für alle Bausektoren mit Ausnahme des Tiefbaus pessimistisch. Zwei von drei befragten Betrieben (68 Prozent) erwarten für das laufende Jahr gegenüber dem Vorjahr geringere oder viel geringere Umsätze.
Fachkräftebedarf bleibt hoch
Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des LBB, betont, dass trotz der schwierigen Lage die Bereitschaft des Baugewerbes zur Ausbildung junger Menschen ungebrochen ist: „Mehr als die Hälfte unserer Mitgliedsunternehmen wollen im bisherigen Umfang junge Menschen in einem unserer Bauberufe ausbilden. Jedes fünfte Unternehmen sogar mehr als bisher. Leider ist nach wie vor die Hälfte der angebotenen Ausbildungsplätze in unserer Branche unbesetzt. Der Bedarf an Fachkräften ist jetzt und in Zukunft hoch. Dies zeigt eindrucksvoll, dass sich unsere Branche auf die großen Aufgaben, die vor der Bauwirtschaft liegen, trotz der derzeitigen Konjunkturschwäche gut vorbereitet.“
Wohnungsbau leidet unter eklatanter Nachfrageschwäche
Besonders eklatant wirkt sich die seit vielen Monaten anhaltende Nachfrageschwäche im Wohnungsbau aus. Zwei Drittel der Wohnungsbauunternehmen (67 Prozent) beklagen eine schlechte Geschäftslage und nur jedes zehnte Bauunternehmen hat aktuell in diesem Segment eine gute Geschäftslage. Mit einer Verbesserung ihrer Lage rechnen die Betriebe in den kommenden Monaten nicht. Nur 6 Prozent der Betriebe glauben, dass es in den nächsten sechs Monaten besser wird. Dagegen rechnet fast die Hälfte der Unternehmen mit einer weiteren Verschlechterung. Dieser Bausektor ist für die Hälfte der befragten Betriebe der Tätigkeitsschwerpunkt und deshalb besonders wichtig für die Branche.
Wolfgang Schubert-Raab richtet angesichts dieser Situation eindringliche Worte an die verantwortlichen Politiker: „Der Absturz am Wohnungsbau setzt sich unvermindert fort und ist für das mittelständische Baugewerbe und seine Beschäftigten existenzbedrohend. Die kürzlich eingeführte, erhöhte degressive Abschreibung für Investitionen in den Wohnungsneubau war ein wichtiger Schritt, reicht aber nicht aus. Es fehlt an Investitionsanreizen für Selbstnutzer, die von verbesserten Abschreibungsbedingungen nicht profitieren könne. Die Bundesförderung über die KfW ist nicht ausreichend attraktiv. Hier müssen dringend die energetischen Anforderungen und die Zinsen reduziert werden. Außerdem müssen die planungs- und baurechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Hierzu zählen zum Beispiel die Digitalisierung des Genehmigungsprozesses und die rechtssichere Gestaltung der Ermöglichung von Abweichungen von technischen Baubestimmungen und darüberhinausgehenden anerkann-ten Regeln der Technik um einfacheres und kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen. Die Vorschläge und Pläne hierfür liegen seit vielen Monaten auf dem Tisch. Bund und Länder müssen die bei den Wohnungsbaugipfeln, dem Bund-Länder-Pakt zur Baubeschleunigung und der Bauministerkonferenz beschlossenen Maßnahmen nun endlich schnell und vollständig realisieren.“
Wirtschaftsbau erholt sich nicht
Bereits im Vorjahr klagten die Unternehmen über die Auftragssituation im Wirtschaftsbau. Seitdem hat sich die Situation nicht verbessert. Knapp 60 Prozent der Unter-nehmen beurteilen die aktuelle Geschäftslage als schlecht und erwarten auch im nächsten Halbjahr keine Verbesserung.
Stimmung auch bei Straßenbauern schlechter
Jedes zweite Straßenbauunternehmen bezeichnet seine aktuelle Geschäftslage als schlecht und rechnet für 2024 mit geringeren Umsätzen als im Vorjahr. 57 Prozent klagen über einen zu kleinen Auftragsbestand. Dies sind rund 15 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Wolfgang Schubert-Raab: „Es zeichnet sich ab, dass die Kommunen an notwendigen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sparen müssen. Umso mehr beunruhigen uns Signale aus Berlin, dass bei den schon zugesagten investiven Mitteln in die Bundesfernstraßen gespart werden soll. In Anbetracht der vielen Straßen und Brücken, die dringend saniert werden müssen, ist schon eine Diskussion hierüber völlig unangebracht. Wir brauchen mehr statt weniger Mittel für unsere Infrastruktur, sei es die Straße oder die Schiene.“
Eintrübung der Stimmung auch im Ausbau
Negativ ist der Konjunkturtrend auch bei den im Ausbau tätigen Unternehmen. Im Vorjahresvergleich sehen in diesem Frühjahr fast doppelt so viele Betriebe ihre Geschäftslage negativ. Denn aktuell bezeichnen 31 Prozent der Ausbaubetriebe ihre Geschäftslage mit „schlecht“. Für 37 Prozent der Ausbauhandwerker sind die Auftragsbestände zu klein. Wolfgang Schubert-Raab: „Die Eintrübung der Stimmung unter allen unseren Mitgliedsbetrieben erfüllt mich mit großer Sorge. Ich fordere die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik auf, keinesfalls bei den Investitionen den Rotstift anzusetzen. Außerdem müssen dringend die bau- und umweltrechtlichen Rahmenbedingungen für Neubau, Sanierung und Kreislaufwirtschaft bezahlbarer, viel praxis-freundlicher und weniger bürokratisch werden.“